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Allgemeine Gerinnung


Einführung

Die Gesamtblutmenge (Blutvolumen) des menschlichen Organismus beträgt durchschnittlich 5 Liter. Blut hat als flüssi­ges Organ vielfältige Aufgaben zu erfüllen: Transport (Nährstoffe, Hormone, Blutgase), Puffer­funktion (Säure-Base-Gleichgewicht), Abwehr, Wundheilung und Wärmeregulation. Deshalb ist es notwendig, im Falle einer Verletzung oder eines Gefäßwandschadens den eintretenden Blutverlust so rasch wie möglich zu minimieren. Pioniere bei der Aufklärung der physiologischen Vorgänge waren Alexander Schmidt (1831 – 1894) und Paul Morawitz (1879 – 1936). Die Aufklärung der molekularen Mechanismen gelang zum größten Teil im Laufe des 20. Jahrhunderts. Davie und Ratnoff formulier­ten eine Kaskadentheorie, die im Prinzip bis heute Gültigkeit hat, auch wenn man mittlerweile davon ausgeht, dass der intrinsische Pfad im physiologischen Geschehen eine untergeordnete Rolle spielt.

Das gesamte System der Hämostase umfasst dabei

  • lösliche und an Zellen gebundene Faktoren (Membranproteine) der Gerinnung und Fibrinolyse
  • Blutzellen (Erythrozyten, Thrombozyten, Leukozyten)
  • Gefäßwand
  • Blutstrom

Die physiologischen Vorgänge nach einer Gefäßverletzung lassen sich in drei Prozesse unterteilen:

1.    Gefäßkontraktion
2.    Zelluläre Hämostase/Primäre Hämostase
3.    Plasmatische Hämostase/Sekundäre Hämostase

Eine Trennung dieser Abläufe findet nur aus didaktischen Gründen statt. Bei normaler Funktion sind diese Prozesse eng miteinander verflochten.

Primäre Hämostase

Nach einer Verletzung werden Kollagenfasern der subendothelialen Matrix freigelegt. Das an der Verletzung vorbei strömende Blut kommt damit in Berührung. Dadurch werden Thrombozyten aktiviert und können an die verletzte Stelle adhärieren. Dabei verändern sie ihre Form („shape change“) und sezernieren Mediatoren. Wichtig in diesem Zusammenhang ist der von Willebrand-Faktor, ein lösliches, hochmolekulares Plasmaprotein, das zusammen mit Fibronectin und Laminin eine Verbindung zwischen Kollagenfasern und einem Membranprotein der Thrombozyten (GPIb/V/IX) herstellt. Den Endpunkt der zellulären Hämostase bildet die Thrombozytenaggregation. Diese Zusammenlagerung erfolgt über Fibrinogenbrücken und den thrombozytenständigen Rezeptor GPIIb/IIIa. Der dabei entstehende Thrombozytenpfropf („Weißer Thrombus“) ist relativ instabil und kann mit dem Blutstrom weggeschwemmt werden. Eine Verfestigung wird durch die sekundäre Hämostase erreicht. Wichtig für die Auslösung dieser Gerinnungskaskade ist, dass die aktivierten Thrombozyten durch eine enzymgesteuerte Umverteilungsreaktion (Flip-Flop-Mechanismus) der Zellmembran-Phosholipide eine entsprechende (negativ geladene) Oberfläche zur Verfügung stellen.

Sekundäre Hämostase

Für den Ablauf der plasmatischen Gerinnung werden zur Zeit 15 Gerinnungsproteine verantwortlich gemacht. Die meisten dieser Faktoren sind ihrer Funktion nach Enzyme, die im Plasma normalerweise als inaktive Vorstufen (Zymogene) zirkulieren und erst nach Auslösung der Gerinnung stufenweise durch den aktivierten Faktor der vorangegangenen Reaktion aktiviert werden. Die moderne Interpretation der Kaskadenreaktion entfernt sich von der Vorstellung, extrinsische und intrinsische Gerinnungsaktivierung zu unterscheiden. Man geht vielmehr von drei Phasen im Ablauf der Hämostase aus:

  1. Während der Initiierungsphase bildet sich an der verletzten Stelle ein Komplex aus Phospholipiden (die Oberfläche von aktivierten, adhärierten und aggregierten Thrombozyten), Tissue Faktor (Gewebsthromboplastin, das z. B. in der Membran von Advenitia vorkommt) und Faktor VII/VIIa.
     
  2. Daraus wird in der Folge Faktor Xa aus Faktor X aktiviert. Dieser Faktor Xa kann zusammen mit Faktor Va Spuren von Thrombin (Faktor IIa) bilden. Diese Spuren von Faktor IIa aktivieren weitere Thrombozyten,  sowie neben den Kofaktoren Faktor V und Faktor VIII auch den Faktor XI.
     
  3. Dadurch kommt es zur explosionsartigen Amplifikation der Thrombinbildung. Diese große Menge an Thrombin wiederum generiert in einem mehrstufigen Prozess Fibrin aus Fibrinogen. Die Umwandlung von Fibrinogen in (lösliche) Fibrinmonomere erfolgt durch Abspaltung von Fibrinopeptid A und B. Diese Fibrinmonomere lagern sich nicht-kovalent zu polymerem Fibrin zusammen. Ein weiterer Gerinnungsfaktor, die Transglutaminase Faktor XIIIa verknüpft schließlich die Monomere kovalent zu einem stabilen, dreidimensionalen Netz und stabilisiert so den primären Thrombozytenpropf.

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